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Wir haben gesehen, dass die Nachfrage nach Investitionen quantitativ weit hinter der Nachfrage nach Konsumgütern Interner Linkzurückbleibt, aber im Zeitablauf weitaus stärker Interner Linkschwankt. Wenn man die Konsumgüter allerdings in Güter des täglichen Bedarfs und dauerhafte Gebrauchsgüter unterteilt, stellt man bei letzteren ebenfalls starke Nachfrageschwankungen fest. Das kommt nicht von ungefähr, denn Investitionen und dauerhafte Konsumgüter haben etwas gemein. Für beide fallen die Kosten in der Gegenwart an, ihr Nutzen liegt jedoch größtenteils in der Zukunft.

Keynes sah die Nachfrage nach Investitionen vor allem durch die risikobehafteten Gewinnerwartungen, die die Unternehmen daran knüpfen, und die Höhe des Zinssatzes beeinflusst. Da die gegenwärtige Nachfrage nach Investitionen durch die erwarteten zukünftigen Erträge gesteuert wird und die Zukunft nun einmal ungewiss ist, wird die Investitionsnachfrage in besonderem Maße durch Erwartungen und Stimmungen beeinflusst. Obwohl wir weder die Zeit noch Erwartungen explizit in das Modell aufnehmen werden, bilden die Investitionen den Link in die Zukunft:

Die gegenwärtige Nachfrage ist c. p. um so höher, je höher die zukünftige Nachfrage vermutet wird.

Für die modelltheoretische Darstellung machen wir uns die Sache einfach, indem wir davon ausgehen, dass eine heute getätigte Investition Jahr für Jahr gleich hohe Nettogewinne NG abwerfen wird. Die Anschaffungskosten sollen K0 betragen. Wir versetzen uns in die Lage eines Unternehmens, das entscheidet, ob sich eine Investition rechnet.

Da die Anschaffungskosten heute, die Erträge aber in der Zukunft anfallen, lassen sich die Kosten und Erträge nicht unmittelbar miteinander vergleichen. Bei einem Zinssatz von 10 Prozent beispielsweise, würden wir 121 Euro, die wir in zwei Jahren erhielten, heute nur mit 100 Euro bewerten. Denn wenn wir heute 100 Euro anlegen würden, könnten wir in zwei Jahren

[1]       [1]

abheben. Wenn wir diesem Gedanken folgend die zukünftigen Nettogewinne aus der Investition auf die Gegenwart diskontieren, erhalten wir als Barwert B der Investition

[2]       [2]

wobei wir mit einem Zinssatz z kalkulieren und die Nettogewinne der Investition über einen Zeitraum von n Jahren anfallen. Am Rande sei angemerkt, dass die Symbole nur in diesem Abschnitt benötigt werden und keinem Standard folgen. Deswegen finden Sie sie auch nicht im Symbolverzeichnis.

Mit einer weiteren vereinfachenden Annahme lässt sich Gleichung [2] wesentlich kürzer schreiben. Wenn wir unterstellen, dass die Nettogewinne bis in alle Ewigkeit anfallen, gilt

[3]       [3]

Das ist leicht einzusehen. Man muss sich nur überlegen, welchen Betrag man heute bei einem festgeschriebenen Zinssatz z anlegen müsste, um Jahr für Jahr den Betrag NG abheben zu können: offensichtlich NG/z. Wenn Ihnen die abstrakte Darstellung Schwierigkeiten bereitet, überlegen Sie, welchen Betrag Sie bei Zinsen in Höhe von 5 Prozent anlegen müssen, so dass Sie, ohne das Kapital anzugreifen, in jedem Jahr 5000 Euro abheben können (Interner LinkLösung).

Wenn der in [3] bestimmte Barwert null wäre, stünde die Investitionsentscheidung gerade auf der Kippe. Die Zinshöhe z*, für die dieser Fall eintritt

[4]       [4]

wird von Keynes als "Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals" ("marginal efficiency of capital") bezeichnet. Etwas treffender wäre die Bezeichnung Grenzleistungsfähigkeit der Investition, da es nicht um die Erträge des insgesamt eingesetzten Kapitals, sondern um die Erträge der Investition geht. Dieser Begriff wird heute auch verwandt. In "Investition und Finanzierung" würde man die Grenzleistungsfähigkeit der Investition allerdings als "internen Zinsfuß" bezeichnen - und genau darum handelt es sich auch.

Nehmen wir an, das Unternehmen hat für das in Frage stehende Investitionsprojekt eine Grenzleistungsfähigkeit der Investition von 7 % ermittelt und könnte Kapital in Höhe der Investitionskosten K0 für 5 % erhalten. Offensichtlich würde sich die Investition lohnen. Wenn wir einen Interner Linkvollkommenen Kapitalmarkt unterstellen, d.h. gleich hohe Schuld- und Habenzinsen, können wir alternativ formulieren, dass das Investitionsprojekt eine höhere Rendite bringt als eine Kapitalanlage. Während 1000 Euro im Investitionsprojekt dem Unternehmen Jahr für Jahr 70 Euro zufließen ließen, würde eine gleich hohe Kapitalanlage nur 50 Euro Zinsen bringen. Wir können aus dieser Überlegung offensichtlich schließen, dass Investitionsprojekte dann durchgeführt werden, wenn ihre Rendite (= interner Zinsfuß = Grenzleistungsfähigkeit) über dem Kapitalmarktzins i liegt, und unterbleiben, wenn ihre Rendite unter dem Kapitalmarktzins liegt.

Nun gibt es ein kleines theoretisches Problem: Wenn wir feststellen, dass sich ein Investitionsprojekt rechnet, dann müsste es sich doch rechnen, dieses Investitionsprojekt ein zweites Mal durchzuführen, und ein drittes Mal, und ein viertes Mal ... Die Nachfrage nach Investitionen müsste demzufolge unendlich hoch sein, sowie sich auch nur ein einziges Projekt als rentabel herausstellt.

Abnehmende Grenzleistungsfähigkeit

If there is an increased investment in any given type of capital during any period of time, the marginal efficiency of that type of capital will diminish as the investment in it is increased, partly because the prospective yield will fall as the supply of that type of capital is increased, and partly because, as a rule, pressure on the facilities for producing that type of capital will cause its supply price to increase ...

Externer LinkKeynes, General Theory

Dem steht die so genannte "abnehmende Grenzleistungsfähigkeit der Investitionen" entgegen. Mit Keynes - s. das nebenstehende Zitat - werden dafür folgende Gründe angeführt:

Wenn man alle potentiellen Investitionsprojekte nach ihrer Grenzleistungsfähigkeit ordnet, kann man mit Hilfe von Abbildung 1 das Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Investitionsnachfrage ermitteln. Projekte, deren Rendite über dem Marktzins liegt, versprechen Gewinn und führen zu einer Nachfrage nach Investitionsgütern. Projekt P4 würde nur realisiert, wenn entweder der Marktzins fallen würde oder sich z.B. infolge technischen Fortschritts die erwarteten Nettogewinne erhöhen.

Abbildung 1

Abb. 1

Investitionsnachfrage: Rentabel sind Projekte, deren Grenzleistungsfähigkeit über dem Marktzins liegt. Das trifft hier für die Projekte P1, P2 und P3 zu. zP1 ist der interne Zinsfuß des Projekts P1.

Bei der großen Zahl potentieller Investitionsprojekte in einer Volkswirtschaft verschwimmen die Stufen zwischen den einzelnen Projekten und die Treppenkurve der Grenzleistungsfähigkeit wird zu einer glatten Nachfragefunktion nach Investitionen. Alle Projekte bis I* werden durchgeführt.

Abbildung 2

Abb. 2

Beispiel für die Investitionsnachfrage: Bei einem Marktzins von 5% beträgt die Investitionsnachfrage 100.

Üblicherweise wird aus Vereinfachungsgründen eine lineare Investitionsfunktion unterstellt

[5]       [5]             (Verhaltensfunktion)

wobei Iaut alle anderen Einflüsse neben dem Zins einfängt und a die Sensitivität abbildet, mit der die Unternehmen auf den Zins reagieren. Ceteris paribus nimmt die (absolute) Externer LinkElastizität der Investitionsnachfrage mit a zu.

Bei Blümle und Patzig findet sich zu illustrativen Zwecken folgende Schätzung für eine Investitionsnachfragefunktion auf der Basis von Daten von 1976 bis 1985 :

Blümle Patzig

[6]       I = 204,31 - 16,22 i

I steht für die realen deutschen Nettoinvestitionen in Mrd. DM in Deutschland, i für die reale Wertpapierrendite in Prozent. Ein Anstieg des Marktzinses um einen Prozentpunkt war demnach für einen Rückgang der Investitionsnachfrage um ca. 16 Mrd. DM verantwortlich.

Interessant ist der Fall, wenn der Reaktionskoeffizient a verschwindet oder nahe bei Null liegt. Rein formal erhielten wir unsere bisher eingesetzte Investitionsnachfragefunktion I = Iaut. Das Interner LinkModell mit ausschließlich autonomen Investitionen ist also ein Spezialfall des Modells zinsabhängiger Investitionen.

Inhaltlich bedeutet eine vollkommen zinsunelastische Investitionsnachfrage, dass sich die Unternehmen trotz sinkender Finanzierungskosten nicht zu Investitionen durchringen können. Dafür mögen entweder pessimistische Absatzerwartungen verantwortlich sein oder die Unternehmen halten sich in der Erwartung noch weiter sinkender Zinsen zurück (Investitionsattentismus). Die Situation vollkommen zinsunelastischer Investitionen wird als Investitionsfalle bezeichnet. Zinsverbilligungsprogramme für Investitionen können offensichtlich keinen Erfolg haben, wenn sich die Wirtschaft in dieser Situation befindet.

Abbildung 4

Abb. 4

Auswirkungen verbesserter Gewinnerwartungen.
 

Abbildung 4 zeigt, wie sich verbesserte Gewinnaussichten auf die Investitionsfunktion auswirken. Die Neukalkulation der Projekte wird höhere Grenzleistungsfähigkeiten ergeben, so dass bei gegebenem Marktzins mehr Investitionsprojekte rentabel sind. Verschiebungen der Investitionsnachfragefunktion nach rechts könnte man ebenfalls erwarten, wenn die Auftragseingänge anziehen, die Kapazitätsauslastungen zu- und die Lagerbestände der Unternehmen abnehmen oder sich - ganz allgemein gesprochen - das Investitionsklima verbessert.

 

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