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Was hat der Arbeitsmarkt mit dem Wirtschaftskreislauf zu tun? Zugegeben, man hätte diesen Abschnitt auch an anderer Stelle einordnen können. Aber der Kreislaufgedanke lässt sich auch ohne weiteres auf den Arbeitsmarkt anwenden.

Dazu definieren wir zunächst verschiedene Personengruppen:

  • die Erwerbstätigen (ET): Personen, die aktuell einer Erwerbstätigkeit nachgehen,

  • die Erwerbslosen (EL): Personen, die Arbeit suchen,

  • die Erwerbspersonen (EP = ET+ EL): Erwerbstätige und Erwerbslose,

  • wobei wir zunächst keinen Wert darauf legen, den amtlichen Statistiken gerecht zu werden, da uns eher prinzipielle Zusammenhänge interessieren. Bei den Erwerbspersonen handelt es sich um jenen Teil der Bevölkerung, der beschäftigt ist oder grundsätzlich beschäftigt sein möchte. Die Erwerbspersonen bilden zusammen mit den Nichterwerbspersonen (z.B. Kinder, Rentner, Hausmänner und - frauen) die Bevölkerung.

    Die hier definierten Erwerbslosen (EL) decken sich nicht mit den Arbeitslosen (AL) der amtlichen Statistik. Die Differenz bildet im wesentlichen die sog. Stille Reserve, die sich aus Personen zusammensetzt, die Arbeit suchen, aber nicht bei den Arbeitsämtern registriert sind, weil sie keine Ansprüche haben und entmutigt sind. Daneben zählen zur Stillen Reserve i.w.S. Personen, die sich in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen befinden. Alternative Bezeichnungen für die Stille Reserve sind verdeckte oder versteckte Arbeitslosigkeit.

    Da uns hier die ökonomischen Zusammenhänge mehr interessieren als die statistischen Definitionen, setzen wir Erwerbs- und Arbeitslose gleich. Es soll also keine verdeckte Arbeitslosigkeit geben. Außerdem nehmen wir an, dass die Zahl der Erwerbspersonen konstant ist. Sowohl verhaltensbedingte als auch demographische Einflüsse auf das Arbeitsangebot werden ausgeblendet.

    Die Arbeitslosenquote (ALQ) misst den Anteil der Arbeitslosen an den Erwerbspersonen:

    [1]      [1]

    Damit können wir den Arbeitsmarkt in einem einfachen, aber dennoch ausgesprochen lehrreichen Kreislaufdiagramm darstellen, für das das Kreislaufaxiom der VGR allerdings keine Gültigkeit mehr besitzen soll:

    Nun sei noch angenommen, dass in jeder Periode (z.B. monatlich) einerseits ein konstanter Anteil e der Erwerbstätigen seinen Arbeitsplatz verliert und andererseits ein konstanter Anteil a der Arbeitslosen Beschäftigung findet.

    Man sieht leicht ein, dass die beiden eingezeichneten Ströme über kurz oder lang gleich stark werden (vorausgesetzt a und e liegen zwischen null und eins). Wenn nämlich die Ströme unterschiedlich stark sind, dann muss der Bestand, an dem der stärkere Strom startet, sinken, und der Bestand, an dem er ankommt, zunehmen. Das lässt aber den stärkeren Strom schwächer und den schwächeren Strom stärker werden. Wenn beide Ströme die gleiche Stärke erreicht haben, ändern sich die Bestände nicht mehr und das System befindet sich in einem stabilen Zustand, den die Ökonomen gern als "Steady State" bezeichnen.

    Der Steady State lässt sich überraschend einfach berechnen. Dazu muss man lediglich davon ausgehen, dass er durch eine konstante Erwerbstätigkeit gekennzeichnet ist, sich ET also nicht verändert. Als Symbol für die absolute Veränderung einer Größe nutzt man üblicherweise ein großes griechisches Delta, so dass

    [2]      [2]

    Wenn man berücksichtigt, dass man ET = EP-AL setzen kann, folgt nach Umstellen der Terme

    [3]      [3].

    Für ein Zahlenbeispiel bedeutet das, dass bei einer monatlichen Wahrscheinlichkeit von 9 %, aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung zu kommen, und einer Wahrscheinlichkeit von 1 %, als Erwerbstätiger den Arbeitsplatz zu verlieren

    [3a]      [3a]

    im Steady State jeder Zehnte arbeitslos wäre.

    Bei einem konstanten Arbeitsangebot liegt die Schlussfolgerung, die man aus diesem Modell ziehen muss, auf der Hand: Ein Abbau der Arbeitslosigkeit kann nur gelingen, indem mehr eingestellt wird (a steigt) oder indem weniger Beschäftigungsverhältnisse aufgelöst werden (e sinkt).

    Was sich so einfach anhört, ist praktisch leider ein schwieriges Unterfangen. Zunächst wäre es zwar ganz einfach, die Entlassungsquote e zu vermindern. Dazu müssten nur die gesetzlichen Vorschriften zum Kündigungsschutz verschärft werden. Sehr wahrscheinlich würde dann aber zugleich die Einstellungsquote a sinken, da die Unternehmen vorsichtiger mit Einstellungen werden, weil es schwieriger, sprich teurer, wird, sich von Beschäftigten zu trennen.

    So instruktiv die vorgestellte Kreislauf-Überlegung zur Erklärung des Niveaus der Arbeitslosigkeit auch ist, sie hat einen entscheidenden Nachteil. Über die Ursachen der Arbeitslosigkeit schweigt sie sich aus.

    Dynamik der Arbeitslosigkeit

    Landmann Jerger

    Für das eben betrachtete Zahlenbeispiel können wir überlegen, wie lange es im Durchschnitt dauert, bis ein Arbeitsloser die Arbeitslosigkeit beendet. Sie wissen sicherlich, dass die Wahrscheinlichkeit, mit einem Würfel eine Sechs zu würfeln, ein Sechstel beträgt. Sie wissen sicherlich auch, dass man mit dem ersten Wurf Glück haben kann, dass es unter Umständen aber auch eine kleine Ewigkeit dauert, bis endlich die erste Sechs fällt. Im Schnitt wartet man sechs Würfe, bis eine Sechs fällt.

    Vollkommen analog können wir für das Beispiel, das die Wahrscheinlichkeit, die Arbeitslosigkeit zu verlassen, mit 0,09 annimmt, eine durchschnittliche Verweildauer von 1/0,09 = 11,1 Monaten berechnen. Dies ist die durchschnittliche abgeschlossene Dauer der Arbeitslosigkeit. Von ihr ist die bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit zu unterscheiden, mit der gemessen wird, wie lange sich eine Person an einem Stichtag in der Arbeitslosigkeit befindet.

    Verblüffenderweise weist die Statistik für die durchschnittliche bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit einen höheren Wert aus als für die durchschnittliche abgeschlossene Dauer. Verblüffenderweise, weil man zunächst vermutet, dass die bisherige Dauer notwendig kürzer sein muss als die abgeschlossene. Abbildung 2 verschafft Klarheit. Wenn die bisherige Dauer am Stichtag festgestellt wird, fehlt zur abgeschlossenen Dauer noch die Restdauer.

    Abbildung 2

    Abb. 2, Dauer der Arbeitslosigkeit

    Bisherige und abgeschlossene Dauer der Arbeitslosigkeit: Im Individualfall kann die
    abgeschlossene nicht kleiner als die bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit sein.



    Abbildung 3

    Beckersches Schema

    Werden die Personen an einem Stichtag erfasst, d.h. der Bestand ausgezählt, sind
    die langfristig Betroffenen mit höherer Wahrscheinlichkeit vertreten als die kurzzeitig
    Arbeitslosen.

    In jedem individuellen Fall kann die bisherige Dauer die abgeschlossene unmöglich übersteigen. Bei der Betrachtung der statistischen Durchschnitte ist allerdings zu beachten, dass die an einem Stichtag anzutreffenden Personen im Arbeitslosenbestand nicht für alle Arbeitslosigkeitsfälle repräsentativ sind. Die Langzeitarbeitslosen sind überrepräsentiert. Der Grund ist leicht einzusehen. Nehmen Sie einen Langzeitarbeitslosen, der sich über das ganze Jahr in der Arbeitslosigkeit befindet. Egal, an welchem Tag die Arbeitslosigkeit statistisch ausgewertet wird, der Langzeitarbeitslose wird mit Sicherheit bei der Auswertung erfasst. Ist ein Arbeitsloser aber nur 14 Tage arbeitslos, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass er in der Auszählung vertreten ist, nicht einmal mehr 4 Prozent (2 Wochen/52 Wochen = 0,038). Aus demselben Grund trifft man im Krankenhaus vor allem schwer Erkrankte und im Gefängnis vor allem Schwerverbrecher an.

    Eine praktikable Lösung, dieses Problem zu umgehen, ist die Erfassung aller Abgänger aus der Arbeitslosigkeit. Wenn sich die Zu- und Abgänge in etwa die Waage halten, kann man mit Hilfe der Abgänger die durchschnittliche abgeschlossene Dauer der Arbeitslosigkeit gut abschätzen. 2003 betrug die durchschnittliche abgeschlossene Dauer der Arbeitslosigkeit aller Abgänger 35,2 Wochen.* Wer dem statistischen Durchschnitt entspricht, muss beim Verlust des Arbeitsplatzes also mit etwa acht Monaten Arbeitslosigkeit rechnen.*

    Überschlagen kann man die abgeschlossene Dauer der Arbeitslosigkeit mit Hilfe der folgenden Formel:

    [4]      [4]

    Für 2003 ergibt sich (Externer Linkaktuelle Daten vom Arbeitsmarkt)

    [4a]      [4a]

    Intuitiv macht man sich die Formel klar, wenn man bedenkt, dass bei den etwa gleich hohen Zu- und Abgängen, die etwa doppelt so hoch sind wie der Bestand, die Arbeitslosigkeit zwei mal im Jahr umgeschlagen werden muss. Dem entspricht eine durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit von ca. einem halben Jahr.

    Dies bezieht sich auf den Durchschnittsarbeitslosen - die hypothetische Person, die uns leicht vergessen lässt, dass hinter jedem individuellen Fall oft ein schweres Schicksal verborgen ist. Die Vorstellung dieses Standard-Arbeitslosen verbindet man zugleich mit der Vermutung, dass sich hinter einer Arbeitslosenquote von zehn Prozent im Jahresdurchschnitt die Information verbirgt, dass zehn Prozent der Erwerbspersonen von Arbeitslosigkeit betroffen sind. In dieser Form ist die Aussage aber nicht korrekt. Unter Umständen waren nämlich viel mehr Personen von Arbeitslosigkeit betroffen. Die zehn Prozent sagen lediglich aus, dass die Arbeitslosigkeit rechnerisch einer Situation entspricht, in der zehn Prozent der Erwerbspersonen das ganze Jahr über arbeitslos sind.

    Eine Arbeitslosenquote von zehn Prozent ergibt sich rechnerisch aber auch, wenn 20 Prozent der Erwerbspersonen betroffen und im Schnitt jeweils ein halbes Jahr arbeitslos sind. Ebenso wäre denkbar, dass 40 Prozent betroffen und jeweils drei Monate arbeitslos sind oder dass 20 Prozent jeweils Arbeitslosigkeitsperioden von drei Monaten durchleben, das aber zwei mal in einem Jahr.

    Wenn man definiert,

    dann lässt sich die Arbeitslosenquote in eben diese drei Komponenten zerlegen:

    [5]      [5]

    In Worten:

    Die Arbeitslosenquote ist umso höher,
    - je öfter die Menschen arbeitslos werden,
    - je länger die Menschen arbeitslos bleiben und
    - je mehr Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen sind.

    Für die in Klammern genannten Beispielwerte ergibt sich also

    [5a]      [5a]

    eine Arbeitslosenquote von zehn Prozent.

    Daraus kann man lernen, dass die Arbeitslosigkeit verringert werden kann, indem c.p. dafür Sorge getragen wird, dass

    Am ersten Punkt kann man mit Maßnahmen ansetzen, die auf die Stabilisierung der Persönlichkeit abzielen, da Einiges dafür spricht, dass es in der Person begründet liegt, wenn Arbeitslosigkeit sehr häufig auftritt. Für den zweiten Punkt dürften sich Einarbeitungszuschüsse und Eingliederungsbeihilfen anbieten (sprich: Lohnsubventionen). Der dritte Punkt lässt sich über eine gute Ausbildung der Arbeitskräfte beeinflussen.

    Die Zerlegung der Arbeitslosenquote in ihre drei Komponenten ist daneben für das Erkennen von Funktionsdefiziten einzelner Arbeitsmärkte von Bedeutung. Besonders, wenn man dazu parallel die Häufigkeit und die Laufzeit von offenen Stellen betrachtet. So ist ein zeitgleiches Auftreten von hoher durchschnittlicher Dauer der Arbeitslosigkeit und langen Laufzeiten von offenen Stellen offensichtlich ein Indikator für strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosen "matchen" nicht mit den offenen Stellen ("Mismatch"-Arbeitslosigkeit).

     

    Arten der Arbeitslosigkeit

    Arbeitslosigkeit wird auf vielfältige Art klassifiziert. Vorherrschend sind zwei Schemata. Zum einen wird sie danach geordnet, wo sie in Erscheinung tritt, zum anderen nach ihren Ursachen.

    Wo schlägt sich Arbeitslosigkeit nieder?

    1. Registrierte Arbeitslosigkeit: Die von der Bundesagentur für Arbeit vermeldete Arbeitslosigkeit, die der Tagesschau monatlich eine Meldung aus Nürnberg wert ist. Konkretes Beispiel: Buchhalter M. meldet sich bei der Arbeitsagentur arbeitslos, da sein Chef die Firma aus Altersgründen nicht mehr weiterführt.

    2. Bildungswesen: Die Ausbildung wird mangels der Aussicht auf einen Arbeitsplatz verlängert oder Arbeitskräfte kehren ins Bildungssystem zurück. Dies ist ein Teil der verdeckten Arbeitslosigkeit. Konkretes Beispiel: Die Studierende Anke M. findet trotz eines überdurchschnittlichen Diploms in Maschinenbau keinen Arbeitsplatz. Sie schreibt sich für Sozialpädagogik ein, ohne ernsthaft einen Abschluss anzustreben.

    3. Arbeitszeit: Den Abbau von gewünschten Überstunden, Altersteilzeit und Kurzarbeit kann man als Arbeitslosigkeit interpretieren. Umgerechnet in "äquivalente Vollzeitarbeitslose" wird die Kurzarbeit der verdeckten Arbeitslosigkeit zugerechnet. Konkretes Beispiel: Für Fliesenleger K. waren Überstunden zur Gewohnheit geworden. Wegen mangelnder Auftragslage muss er jetzt auf das willkommene Zusatzeinkommen verzichten.

    4. Nicht-Erwerbspersonen: Entmutigte Arbeitskräfte verlassen den Arbeitsmarkt (Hausfrauen, Vorruhestand), Gastarbeiter kehren in Folge der schlechten Beschäftigungslage in ihre Heimatländer zurück. Konkretes Beispiel: Hausfrau Martina L. hat gelegentlich als Kassiererin im Supermarkt gearbeitet, um die familiäre Urlaubskasse aufzubessern. Zurzeit rechnet sie sich keine Chancen aus, eine Beschäftigung zu finden. Da ihr Mann gut verdient, meldet sie sich nicht bei der Arbeitsagentur, weil sie weder Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen noch Hoffnung auf Vermittlung hat.

    5. Qualitative Arbeitslosigkeit: Sie tritt auf in Form unterwertiger Beschäftigung. Klassisches Beispiel ist der taxifahrende Lehrer. Sein Humankapital liegt zu einem großen Teil brach.

    Klassifikation nach den Ursachen der Arbeitslosigkeit

    1. Demografische Arbeitslosigkeit: Von demografischer Arbeitslosigkeit wird gesprochen, wenn als Ursache ein starker Angebotsdruck auf dem Arbeitsmarkt vermutet wird, der z.B. durch geburtenstarke Jahrgänge junger Arbeitskräfte entsteht.

    2. Freiwillige Arbeitslosigkeit: Mit diesem Begriff sind die Arbeitslosen gemeint, die sich für die Arbeitslosigkeit entscheiden, obwohl sie Arbeit annehmen könnten. Beispiel: Der Ungelernte P. hinterlässt bei einem Vorstellungsgespräch absichtlich einen schlechten Eindruck, da ihm die Spanne zwischen Einkommen und Arbeitslosengeld für die anstrengende Tätigkeit zu gering ist.

    3. Saisonale Arbeitslosigkeit: Vorübergehende, jahreszeitlich bedingte Arbeitslosigkeit, die z.B. auf Grund von Witterungsschwankungen in der Bauindustrie oder im Gastgewerbe zustande kommt.

    4. Strukturelle Arbeitslosigkeit: Wenn im Grunde genügend Arbeitsplätze (offene Stellen) in einer Wirtschaft vorhanden sind, aber nicht mit den Arbeitskräften (Arbeitslosen) zusammen passen, spricht man von struktureller Arbeitslosigkeit. Das kann regionale Ursachen haben, wenn es in einer Region eine Überschussnachfrage und zugleich in einer anderen ein Überschussangebot an Arbeitskräften gibt und die Arbeitskräfte oder - plätze nicht hinreichend mobil sind. Eine weitere Ursache kann sein, dass die Qualifikationsstruktur der Arbeitslosen nicht zu den Anforderungsprofilen der offenen Stellen passt. Konkretes Beispiel: Ein Unternehmen sucht händeringend einen Dolmetscher für Chinesisch, während Dolmetscher für Englisch und Spanisch keine Stellen finden.

    5. Mindestlohnarbeitslosigkeit: Bei steigenden Löhnen geht die Nachfrage nach Arbeit zurück, während das Angebot an Arbeit zunimmt. Sind die Löhne in Folge von Mindestlöhnen, Tarifverträgen oder Lohnnebenkosten nicht marktgerecht, spricht man von Mindestlohnarbeitslosigkeit. Sie wird auch klassische Arbeitslosigkeit genannt und oft der strukturellen Arbeitslosigkeit zugeschlagen ("unechte" strukturelle Arbeitslosigkeit). Konkretes Beispiel: Die Gewerkschaft ver.di setzt eine Lohnsteigerung durch, die finanzschwache Kommunen veranlasst, frei gewordene Stellen nicht wieder zu besetzen.

    6. Friktionelle Arbeitslosigkeit: Durch den ständigen Strukturwandel in der Wirtschaft gehen Arbeitsplätze verloren, andere entstehen neu. Selbst wenn genügend neue Arbeitsplätze entstünden, um alle Arbeitskräfte, deren Arbeitsplätze verloren gehen, aufzunehmen, müssten diese sich einen neuen Arbeitsplatz erst einmal suchen. Umgekehrt suchen die Unternehmen Arbeitskräfte, um ihre offenen Stellen zu besetzen. Beides erfordert aber Zeit. Dazu kommen u.U. noch Umschulungen und Umzüge. Weil diese Prozesse nicht ganz reibungslos ablaufen, spricht man von friktioneller oder Such- oder Fluktuationsarbeitslosigkeit. Konkretes Beispiel: Der gut ausgebildete Arbeitslose A. hat auf seine Bewerbungen zahlreiche Einladungen zu Vorstellungsgesprächen erhalten. Eine Tätigkeit, die er unmittelbar aufnehmen könnte, ihm aber wenig lukrativ erscheint, lehnt er ab.

    Exkurs zur Theorie der Sucharbeitslosigkeit    anzeigen   verbergen   Datei in separatem Fenster anzeigen


    7. Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Von ihr wird gesprochen, wenn man eine zu geringe gesamtwirtschaftliche Nachfrage als Ursache der Arbeitslosigkeit vermutet. Konkretes Beispiel: In Folge sinkender Realeinkommen leisten sich die Menschen weniger Taxifahrten. Der Taxiunternehmer entlässt daraufhin einen Fahrer.

    Gleich eine ganze Gruppe von Gründen fasst der Begriff " Effizienzlohnarbeitslosigkeit" zusammen. Er hat sich allerdings noch nicht so durchgesetzt, dass man ihn schon gleichberechtigt neben den bereits genannten als Stichwort in volkswirtschaftlichen Lexika gelistet fände. Allen Effizienzlohntheorien ist der Grundgedanke gemein, dass höhere Löhne für Unternehmen nicht nur höhere Kosten bedeuten müssen, sondern auf unterschiedliche Art auch Effizienzwirkungen entfalten können. Durch eine entsprechende innerbetriebliche Lohnpolitik versuchen die Unternehmen, diesen trade off kostenoptimal zu gestalten. Einerseits lassen höhere Löhne die Kosten steigen, andererseits steigt aber auch die Produktivität. Solange die Einsparungen durch die Produktivitätssteigerungen die Kostensteigerungen übersteigen, werden die Unternehmen die Löhne erhöhen.* Dadurch werden die Löhne vom Arbeitsmarkt abgekoppelt. Selbst wenn Arbeitskräfte zu geringeren Löhnen rekrutiert werden könnten - die Unternehmen würden es nicht tun, denn bei einem sinkenden innerbetrieblichen Lohnniveau würden die Effizienzverluste schwerer wiegen als die Kosteneinsparungen.

    Die obige Liste der Gründe der Arbeitslosigkeit ist nicht vollständig. Die Trennung ist unscharf und es kommt teilweise zu größeren Überschneidungen. Am Beispiel der technologischen Arbeitslosigkeit lässt sich das gut verdeutlichen. Der Begriff soll signalisieren, dass die Ursache für Arbeitslosigkeit in erster Linie im technischen Fortschritt zu suchen ist, der Arbeitskräfte entbehrlich macht. Geldautomaten ersetzen Kassierer, Industrieroboter Schweißer, Diktiergeräte Sekretärinnen und Fahrscheinautomaten Schaffner. Das hört sich recht überzeugend an. Jeder kann weitere Beispiele zum Besten geben. Aber die technologische Arbeitslosigkeit ist, wenn überhaupt, nur schwer von der klassischen Arbeitslosigkeit abzugrenzen. Die Rationalisierungsinvestitionen zu Lasten der Arbeitsplätze nehmen die Unternehmen ja nur dann vor, wenn sie sich rechnen. Offensichtlich rechnen sie sich um so eher, je teurer der Faktor Arbeit ist. Analog ließe sich natürlich auch gegen den Begriff der demografischen Arbeitslosigkeit argumentieren. Fallende Löhne würden die Nachfrage nach Arbeit steigen und das Angebot an Arbeit sinken lassen. Also ließe sich auch hier streiten, ob die eigentliche Ursache demografische Faktoren oder zu hohe Löhne sind.

    Schließlich ist die natürliche Arbeitslosigkeit zu nennen. Der auf Externer LinkMilton Friedman zurückgehende Begriff umfasst die echte strukturelle und die friktionelle Arbeitslosigkeit. Beide Formen lassen sich kurzfristig nicht beseitigen und resultieren aus Informationsmängeln, Mobilitätshemmnissen, Anpassungskosten, demografischen Veränderungen, Zufälligkeiten und ähnlichen Marktunvollkommenheiten, die die Theorie oft per Annahme ausblendet. Deswegen ist in der Theorie bei funktionierenden (Wettbewerbs)Märkten Vollbeschäftigung mit einer Arbeitslosigkeit von null gleichzusetzen. In der Realität aber wird die Arbeitslosigkeit auf Grund der Marktunvollkommenheiten auch bei an sich funktionierenden Märkten (im Sinne der Theorie des Allgemeinen Gleichgewichts) nicht verschwinden, sondern um ein Niveau pendeln, das durch die Marktunvollkommenheiten determiniert ist. Dieses Niveau ist die natürliche Arbeitslosigkeit. Sie ist eine langfristig vor allem durch ordnungs- und strukturpolitische Maßnahmen beeinflussbare Größe.

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