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Bisher sind wir von einer geschlossenen Wirtschaft ausgegangen. Diese Annahme geben wir nun auf. Die übrige Welt, mit der Handelsbeziehungen unterhalten werden, wird als Auslandspol in den Wirtschaftskreislauf eingebaut.

Gewöhnungsbedürftig sind die Richtungen, in die die Pfeilspitzen des Export- und Importstroms deuten. Man muss sich an dieser Stelle noch einmal klar machen, dass nicht die Güterströme, sondern die monetären Ströme erfasst werden. Für Exporte zahlt die übrige Welt an die heimischen Unternehmen. Für Importe leisten die heimischen Unternehmen Zahlungen an die übrige Welt.

Wenn die Ex- und Importe nicht zufällig übereinstimmen, ändert sich die Vermögensposition gegenüber dem Ausland. Nehmen wir einmal an, es würden nur Waren und Dienstleistungen exportiert, es gäbe aber keinen Import. Das bedeutet, dass die Inländer nun in zwei Formen Konsumverzicht leisten. Sie verzichten zum einen auf die Güter, die investiert werden, zum anderen auf jene, die exportiert werden. Die Summe aus Export und Nettoinvestition muss also der Ersparnis (= Konsumverzicht) entsprechen. Die Forderungen des Inlands gegenüber dem Ausland steigen um den Wert der Exporte.

Üblicherweise stehen den Exporten aber auch Importe gegenüber. In diesem Fall verändert sich die Vermögensposition gegenüber dem Ausland positiv um die Exporte und negativ um die Importe, d.h. zusammengenommen um den Außenbeitrag (Ex-Im):

[1]      S = In + (Ex-Im)

oder

[2]      S + Im = In + Ex

Der Ersparnis der Wirtschaftssubjekte stehen also die Nettoinvestitionen und der Außenbeitrag gegenüber. Die Wirtschaft bildet Vermögen, indem sie netto investiert und/oder Forderungen gegenüber dem Ausland aufbaut.

Auch wenn die strenge Gleichheit von Sparen und Investieren in der offenen Volkswirtschaft wegen des Außenbeitrags nicht mehr gegeben ist, wird trotzdem üblicherweise formuliert, dass Sparen und Investieren übereinstimmen. Den Passus "in einer geschlossenen Volkswirtschaft" denkt man sich zu dieser Aussage hinzu.

Für die isolierte Wirtschaft war es nicht notwendig, zwischen den Begriffen Bruttoinlandsprodukt BIP und Bruttonationalprodukt (vormals Bruttosozialprodukt) und den entsprechenden Nettogrößen zu unterscheiden. In einer offenen Wirtschaft fallen die beiden Größen jedoch auseinander.

Das Bruttonationaleinkommen/- produkt (BNE/BNP) ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Inländer. Dabei werden Einkommen berücksichtigt, die inländischen Wirtschaftseinheiten ( Inländerkonzept: entscheidend ist der Wohnsitz, nicht die Nationalität) zufließen. Demgegenüber ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ein Maß für die Produktion im Inland (Inlandskonzept). Es spielt keine Rolle, ob das Einkommen Inländern oder Ausländern zufließt. Entscheidend ist die Gebietsabgrenzung.

Wenn man danach fragt, wie gut es den Menschen eines Land geht, ist das BNE ein geeigneteres Maß als das BIP. Umgekehrt ist das BIP besser geeignet, wenn man sich zum Beispiel für die Beschäftigungsentwicklung im Inland interessiert. Für unsere späteren theoretischen Überlegungen, die sich meist auf eine geschlossene Wirtschaft beziehen werden, sind diese Unterscheidungen jedoch vergleichsweise unwichtig.

Was wird in unserer Wirtschaft nun jährlich für den letzten Verbrauch produziert? Wie in der geschlossenen Wirtschaft natürlich die Konsumgüter C und die Bruttoinvestitionen Ib, hinzu kommen die Güter für den Export Ex. Wenn wir den Wert des inländischen Konsums, der Investitionen und des Exports einfach aufsummieren, erhalten wir allerdings noch nicht das Bruttoinlandsprodukt. Denn im inländischen Konsum finden sich ja z.B. auch japanische und französische Autos, Schweizer Uhren und viele andere Produkte wieder, die nicht im Inland hergestellt wurden. Ebenso können wir unter den Investitions- und Exportgütern importierte Waren und Dienstleistungen finden. Der Wert der Importe ist also in Abzug zu bringen, wenn wir das Bruttoinlandsprodukt ermitteln wollen:

[3]      BIP = C + Ib + Ex – Im

Wenn Sie in einem Lehrbuch eine abweichende Formel für das BIP finden,

[3a]     BIP = C + Ib + G + Ex – Im      ("amerikanische Version")

handelt es sich wahrscheinlich um ein amerikanisches Lehrbuch. G steht dort für die Staats(Government)ausgaben. In dieser Größe finden sich sowohl der staatliche Konsum als auch die staatlichen Investitionen. In Gleichung [3a] sind C und I also Konsum- und Investitionsausgaben des privaten Sektors.

Wir werden den Staat hier nicht explizit in den Kreislauf aufnehmen, da der Aufwand recht hoch wäre, aber vergleichsweise wenig zum theoretischen Verständnis beitragen würde. Deswegen fassen wir Gleichung [3] so auf, dass C staatlichen und privaten Konsum darstellt bzw. I die staatlichen und privaten Investitionen erfasst. Erhöht der Staat seine Investitionsausgaben, dann steigt in unserer Version [3] c.p. der Wert von Ib, wohingegen in der amerikanischen Version [3a] der Wert für G steigen würde.

 

 

 

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